Konstantin Wecker auf einem Konzert in der Weimarhalle
Mitte der 1980er Jahre
Nachfolgend eine kleine Begebenheit am Rande eines Konstantin-Wecker-Konzerts in Weimar. Es muss Mitte der 1980er Jahre gewesen sein, als der westdeutsche, linke Liedermacher Konstantin Wecker in der Weimarhalle gastierte. Wir kannten fast alle seine Lieder, vornehmlich aus dem Westradio. Außerdem hatte sogar die DDR-Plattenfirma AMIGA 1982 eine LP von ihm veröffentlicht: “Genug ist nicht genug”. Ein Lied auf dieser Platte war sein damals wohl bekanntestes: die Geschichte vom “Willy”.
Irgendwie hatten wir dem sozialistischen Einzelhandel Karten für Weckers Konzert abgerungen und saßen mit Freunden erwartungsvoll im Publikum. Wecker präsentierte eine für ihn typische Mischung aus bekannten und weniger bekannten Liedern, durchsetzt mit kurzen prosaischen Texten.
Einer dieser Texte handelte davon, dass Wecker irgendwann und irgendwo in Italien in einem Straßencafé saß. Es war Sommer, die Sonne entsendete die letzten Strahlen des zu Ende gehenden Tages. Wecker hatte ein Glas leichten italienischen Weins vor sich stehen. An die Details kann ich mich leider nicht mehr genau erinnern. Unter dem Eindruck dieser Szenerie sagte Wecker – und der Satz fiel fast wörtlich so, wie ich ihn jetzt niederschreibe – “Alles war irgendwie unwirklich…”
Leises Raunen ging durchs Publikum, verhaltenes Murmeln, verstohlenes Lachen. Wecker stutzte, weil er ein Lachen an dieser Stelle wohl nicht erwartet hatte. Er schaute sich unschlüssig und ein wenig hilflos im Publikum um – bis ihm ein ganzer Kronenleuchter aufging. Ohne, dass er es offen aussprach, bekundete er, dass er verstanden habe.
Für ihn war die Abendstimmung in dem italienischen Straßencafé diffus “unwirklich”, für uns DDR-Bürger Mitte der 80er Jahre war sie ganz konkret-realsozialistisch “unwirklich”. Was mögen wohl die zahlreichen Stasi-Spitzel, die zweifellos im Publikum saßen, in diesem Moment gedacht haben?